Werte

Veröffentlicht am 29. Dezember 2020 um 02:07

Am 29. April 2006 erscheint in der taz am Wochenende ein Artikel von Jürgen Busche mit dem Titel Wenn Werte zu Tyrannen werden. Die Erwartung, daß es hier um Nicolai Hartmanns berühmtes Diktum von der "Tyrannei der Werte" gehen könnte, erfüllt sich alsbald: "Einer der bedeutendsten Philosophen, die über die Karriere der Werte im Zeitalter der totalen Ökonomisierung nachgedacht haben - lange, bevor diese so total wurde -, war eben Nikolai Hartmann. Und er warnte: Jeder Wert hat - wenn er einmal Macht bekommen hat über eine Person - die Tendenz, sich zum alleinigen Tyrannen des ganzen menschlichen Ethos aufzuwerfen, und zwar auf Kosten anderer Werte, auch solcher, die ihm nicht einmal entgegengesetzt sind. Der Satz ist Hartmanns Ethik (1926) entnommen; ihm direkt voraus geht dieser Satz: Es gibt im Leben den Rigorismus der einzelnen Werte. Einen solchen Rigorismus sieht Hartmann auch für gemeinhin als "gut" geltende Werte wie beispielsweise die Gerechtigkeit. Fiat iustitia, et pereat mundus. - Der gesamte Absatz in Hartmanns Ethik trägt den Titel Tyrannei der Werte. - 

Populär geworden ist diese Formel jedoch erst durch Carl Schmitt und dessen Schrift Die Tyrannei der Werte, die auf einen Vortrag Schmitts in Forsthoffs Ebracher Ferienseminar vom Oktober 1959 zurückgeht. Darin heißt es: Wer Wert sagt, will geltend machen und durchsetzen. Tugenden übt man aus; Normen wendet man an; Befehle werden vollzogen; aber Werte werden gesetzt und durchgesetzt. Man muß sich die "Tyrannei der Werte" nicht vorbehaltlos zu eigen machen, vor allem muß man den Gedanken dahinter richtig verstehen, der einen Ethiker wie Nicolai Hartmann zu dieser Formel bringt. Treffend hat Martin Heidegger diesen Gedanken so ausgedrückt: Der Wert und das Werthafte wird zum positivistischen Ersatz für das Metaphysische. - Oder, mit den Worten Nikolai Hartmanns: Das Gute ist nicht definierbar, genau genommen sind freilich alle Werte nicht definierbar. (Nikolai Hartmann; Ethik; S. 133)

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