Corona #15

Veröffentlicht am 23. Dezember 2020 um 18:06

Die Nachrichten der letzten Tage sind geprägt von der Befürchtung, die kürzlich zuerst in Großbritannien entdeckte Mutation des Coronavirus könne die Wirkung des neuen Impfstoffs beeinträchtigen. - Die Virologen sehen das bislang noch recht entspannt, zumal die Datenlage über die Mutation auch noch nicht hinreichend bekannt ist. - Man hofft, daß sich die Lage bis zum Herbst des kommenden Jahres entspannt - sofern die Bereitschaft zur Impfung in den kommenden Monaten ein ausreichendes Niveau bekommt. - Damit ist die Corona-Pandemie natürlich noch nicht in vollem Umfang ausgestanden, aber es wäre ein Meilenstein bei ihrer Bekämpfung. Und dann? - Dann wird Bilanz gezogen? - Und was haben wir für die nächste Seuche, die man für möglich halten darf, aus der Coronakrise zu lernen? - Die Neue Zürcher Zeitung vom 19. Dezember stellt "sieben Lektionen für die nächste Pandemie" vor:

  • "Nur weil Donald Trump etwas sagt, muß es nicht falsch sein. Der Präsident kritisierte die WHO zu Recht für ihre Untätigkeit. Um Peking nicht zu verärgern, schlug die UNO-Behörde zu spät Alarm. (...) Europa benötigt eine eigene Instanz zur Früherkennung. Sie muß unabhängig sein, damit ihre Warnungen Gehör finden. Das RKI in Deutschland ist eine staatliche Einrichtung und verkündet im Zweifelsfrei, daß Masken nicht schützen, wenn die Wahrheit der Politik nicht in den Kram paßt. 
  • Alle Länder, die zu Anfang der Seuche hart durchgegriffen haben, stehen besser da. Es müssen Notfallpläne her. "Nichts fördert die Ausbreitung des Virus derart wie das Hin und Her der letzten Monate."
  • "Auch Europa braucht Schlagbäume. Im Januar und Februar verstrich wertvolle Zeit, weil es die Europäer unterließen, Reisende aus China in Quarantäne zu schicken. (...) Irgendwann wurden die Grenzen dann doch geschlossen: für alle. Die heilige Kuh des EU-Binnenmarkts, die Bewegungsfreiheit war plötzlich geschlachtet. Man muß nicht gleich den Kontinent abriegeln, aber mehr Pragmatismus im Umgang mit der Freizügigkeit ist sinnvoll."
  • Datenschutz ist wichtig - aber. Beim Terrorismus müssen Freiheit und Sicherheit ins Verhältnis gesetzt werden, in der Pandemie Datenschutz und Gesundheitsschutz. Diese Güterabwägung rechtfertigt die befristete Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. 
  • Zur Sicherheitspolitik gehört künftig auch die Fähigkeit zur effizienten Bekämpfung von Seuchen. Das erfordert eine Digitalisierung des Staatsapparats, der zwar seinen Bürgern gerne Vorschriften macht, aber selbst den Sprung ins 21. Jahrhundert verpaßt hat. Daß die Koordination der freien Intensivbetten heutzutage teils in privaten WhatsApp-Gruppen abgesprochen wird und Fallzahlen per Fax nach Berlin übermittelt werden, ist lächerlich. 
  • Private Pharmafirmen haben in Windeseile einen Impfstoff produziert. Es bedarf einer speziell auf Seuchen abgestimmten Struktur bei der Kommunikation von Pharmaindustrie und staatlichen Behörden. Diese Kommunikation sollte nicht über Kanäle des Lobbyismus laufen, sondern transparent und nachvollziehbar. 
  • Kreativität ist kein Verfassungsbruch. In der Berliner Verwaltung (..) stritt man darüber, ob Soldaten für das Contact-Tracing eingesetzt werden dürfen. Vielerorts konnte nicht ausreichend getestet werden, weil nur ausgebildetes Medizinpersonal Abstriche machen darf. Während die Regierungen leichthin Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit einschränkten, erwies sich oft als unmöglich, Verwaltungsvorschriften aufzuheben, die im Alltag sinnvoll sein mögen, nicht aber im Ausnahmezustand. Die Trägheit des Systems ist der stärkste Verbündete des Virus.

Man muß sich nicht sämtliche Punkte zu eigen machen, doch vieles ist berechtigt, etwa der Aufbau einer europäischen Instant zur Früherkennung, die Ausarbeitung von Notfallplänen, gespeist aus den Erfahrungen der jetzigen Pandemie, die Vorratshaltung von Masken und Schutzkleidung, die befristete Einschränkung des Datenschutzes (s. dazu auch die Kritik von Nida-Rümelin an der wirkungslosen Corona-App), die Digitalisierung der Gesundheitsämter, die Einbeziehung von Medizinstudenten bei den Tests u.ä. - Schnell, pragmatisch und verhältnismäßig zu handeln, wird in der nächsten Pademie wichtig sein. 

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