Corona #13

Veröffentlicht am 14. Dezember 2020 um 23:15

Eine Impfpflicht gegen das Coronavirus soll es nach Auskunft des Bundesgesundheitsministers nicht geben. Keine politische Stimme von Gewicht schlägt eine solche Pflicht, sich gegen Corona impfen zu lassen zu müssen vor. - Anders Markus Gabriel. Im Tagesspiegel vom 12. Dezember vertritt Gabriel die Pro-Haltung zur Impfpflicht. Er schreibt: "Es ist legitim, Geimpfte anders zu behandeln als Nicht-Geimpfte." Und weiter: "Wenn Geimpfte nachweislich keine weiteren Menschen mehr anstecken können, wäre es vertretbar, ihnen mehr Freiheiten zu gewähren. Dann wäre aus meiner Sicht sogar eine Impfpflicht geboten." Allergiker ausgenommen, ebenso Kinder unter acht Jahren. 

"Es gehört zu Public-Health-Maßnahmen nun einmal auch, dass Geimpfte in vielen Hinsichten Vorteile haben. Und die Nebenwirkungen der Coronavirus-Impfungen sind nach aktuellem Wissensstand gering. Wenn also keine langwierigen Schäden durch eine Impfung zu befürchten sind, überwiegt der Nutzen deutlich. Insofern würde nichts dagegensprechen, Geimpften Freiheiten zu gewähren, die anderen verwehrt bleiben – vorausgesetzt, sie können das Virus nicht weitergeben." 

"Wenn die Impfung aber Ansteckungen verhindert und der Impfstoff weitgehend sicher ist, wäre es aus moralisch-ethischer Sicht unproblematisch, geimpfte und nicht geimpfte Menschen in unterschiedliche Kategorien einzuteilen." 

Menschen in "unterschiedliche Kategorien einteilen"? In von Viren Befreite und potentielle Virenträger? Der ersten Kategorie von Menschen werden Freiheiten gewährt, welche der zweiten Kategorie verwehrt bleiben? - Markus Gabriel räumt ein, daß es "hart" wäre, dieser zweiten Kategorie "ein unbeschwertes Sozialleben zu verbieten", doch müsse man "das übergeordnete Problem [die Pandemie] im Blick haben". - Das klingt logisch. An der moralisch-ethischen Rampe vollzieht das biopolitische Regime die Selektion in Geimpfte und Ungeimpfte. Wer den gelben Stern Ungeimpft trägt, dem ist das "unbeschwerte Sozialleben" verboten. - Aus Sicht des "moralischen Fortschritts" ist diese Einteilung in Kategorien unproblematisch, ja sogar folgerichtig und konsequent. Denn es gibt ja ein "übergeordnetes Problem", eine "aktuelle Notsituation", welche die Kategorisierung "legitim" macht. Wer sich dem Guten - sich impfen zu lassen ist gut und moralisch geboten, weil man Andere dadurch nicht anstecken kann - verweigert, muß mit den Konsequenzen leben. Wer sich dem "moralischen Fortschritt" in den Weg stellt, für den gibt es dann eine eigene Kategorie. - Der Gladiator des Guten läßt die Maske fallen. 

Den Contra-Part hat im Tagesspiegel der Verfassunsrechtler Volker Boehme-Neßler übernommen. Er spricht davon, daß die von Markus Gabriel vorgeschlagene Kategorisierung und Ungleichbehandlung von Geimpften und Nicht-Geimpften der "Idee der Menschwürde total widerspricht". Er schreibt: 

"Die wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Teilhabe würde von einem staatlich zertifizierten Gesundheitszustand abhängen. Das wäre eine neue Qualität der Exklusion. Das macht den Corona-Pass verfassungsrechtlich hoch problematisch. Er verletzt die Menschenwürdegarantie der Verfassung und den Demokratiegrundsatz."

"Menschenrechte stehen allen Menschen zu, völlig unabhängig vom Gesundheitszustand. Genau das würde sich durch den Immunitätsausweis ändern. Menschenrechte und Grundfreiheiten wären an den Immunstatus, also den Gesundheitszustand, geknüpft. Kurz: Wer bestimmte gesundheitliche Kriterien nicht erfüllt, hat weniger Freiheiten und Rechte. Mit unseren Menschenrechten in der Tradition der Aufklärung hätte das nichts mehr zu tun."

Es ist diese "Tradition der Aufklärung", auf die sich Markus Gabriel in seinen Statements, Interviews und Schriften nur allzu gerne beruft. An seinem Pro für die Kategorisierung in zwei Menschenklassen wird die Problematik des vermeintlich so Einleuchtenden deutlich. Sie läuft auf ein Selektionsverfahren hinaus, das den einen ihre Immunität bescheinigt, den anderen ihre virale Gefährlichkeit. Der "moralische Fortschritt" als jüngstes Kind des gesunden Menschenverstandes legt diese Selektion nahe. Was jedoch an diesem Beispiel deutlich wird: Das moralisch Gute zu wollen, ist edel. Das moralisch Gute zweifelsfrei zu wissen, läuft auf die Stigmatisierung von Menschen hinaus. Wer nicht mitzieht, ist im Wege. - Am Ende dieses Weges steht - wieder einmal - ein Reich. Das Reich des Guten

https://m.tagesspiegel.de/politik/pro-und-contra-mehr-rechte-fuer-corona-geimpfte-auch-eine-impfpflicht-waere-vorstellbar/26712448.html

https://m.tagesspiegel.de/politik/pro-und-contra-mehr-rechte-fuer-corona-geimpfte-ein-corona-pass-waere-gift-fuer-die-demokratie/26712506.html

 

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